Der falsche Freund
von Axel Dammer
Autor: Rechtsanwalt Axel Dammer
Der Anlass:
Bedauerlicherweise fällt es immer wieder – und in der Vergangenheit vermehrt – auf, dass sich Geschädigte eines Verkehrsunfalls durch das sog. „Schadensmanagement“ der Haftpflichtversicherer in falscher Sicherheit wiegen lassen. Getrost und sorgenfrei wird es der gegnerischen Versicherung überlassen, zu entscheiden, ob und in welcher Höhe Schadensersatzansprüche zu zahlen sind; sei es ein zu erstattender Sachschaden oder gar ein Personenschaden. In großer Freude über den vermeintlichen Service und die „schnelle Regulierung“ wird übersehen, dass Ansprüche gekürzt wurden oder einzelne berechtigte Schadenspositionen schlichtweg „unter den Tisch fallen“. Geschädigte geben sich auf diesem Wege ganz im Sinne der Versicherungen nicht selten mit einem Bruchteil dessen an Schadensersatz zufrieden, was ihnen nach Gesetz und Rechtsprechung zustünde.
Der Mythos:
Die Versicherung hilft mir schnell und unkompliziert; meldet sich sofort nach dem Unfall bei mir, hat einen Sachverständigen geschickt und hat die Sache vollumfänglich mit tollem Service in meinem Sinne erledigt. Dazu war gar kein Anwalt nötig.
Die Aufklärung:
Die gegnerische Haftpflichtversicherung ist – wie der Name schon sagt – der GEGNER; nicht der Freund und Partner des Geschädigten. Jedes Gespräch mit der gegnerischen Versicherung ist ein Gespräch mit einem Vertreter des Schadensverursachers, der – völlig zu Recht, aber leider oft verkannt – vorerst seine eigenen Interessen im Auge hat; nicht etwa die Interessen des Anspruchsstellers. Wer also der gegnerischen Versicherung die Regulierung der eigenen Ansprüche überlässt, macht schlichtweg „den Bock zum Gärtner“.
Das beginnt schon beim Sachverständigen. Allein der Geschädigte, nicht der Verursacher (!), hat die Wahl, welcher Sachverständige beauftragt wird. Frage: wer würde anderenorts – außer bei einem Verkehrsunfall – denjenigen, der mir Schaden zugefügt hat, entscheiden lassen, ob und in welcher Höhe ich Ansprüche habe?
Die Lösung:
Soll sichergestellt werden, dass die Ansprüche des Geschädigten nach einem Verkehrsunfall (einem Schadensereignis) ausschließlich in seinem Sinne (!) und vollumfänglich geltend gemacht werden sollen, hilft nur eins: SOFORT nach dem Unfall zum erfahrenen Verkehrsanwalt. Denn nur der vertritt allein von Berufs wegen ausschließlich die Interessen des Geschädigten.
Da das auch die höchstrichterliche Rechtsprechung so sieht, ist allgemein anerkannt:
Die Kosten der anwaltlichen Vertretung nach einem Verkehrsunfall sind als notwendige Kosten der Rechtsverfolgung Bestandteil des Schadensersatzanspruchs gegenüber dem Unfallverursacher bzw. der hinter ihm stehenden Haftpflichtversicherung.
Hierzu ein Zitat des OLG Frankfurt (Urteil v. 02.12.14; 22 U 171/13):
Auch bei einfachen Verkehrsunfallsachen ist die Einschaltung eines Rechtsanwalts von vornherein als erforderlich anzusehen. Gerade die immer unüberschaubarere Entwicklung der Schadenspositionen und der Rechtsprechung zu den Mietwagenkosten, Stundenverrechnungssätzen u.ä. lässt es geradezu als fahrlässig erscheinen, einen Schaden ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts abzuwickeln.
Das heißt:
GERADE BEI UNSTREITIGER HAFTUNG HAT DIE GEGNERISCHE VERSICHERUNG DIE KOSTEN DES RECHTSANWALTS ZU ERSTATTEN. OHNE WENN UND ABER!!!
Und das wissen auch die Versicherer. Auch hier gilt also: wenn der nette Versicherungsmitarbeiter sagt, ein Anwalt „sei gar nicht nötig“, darf sich jeder selbst die Frage beantworten, in wessen Interesse diese Aussage wohl getroffen wird.