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Kein Recht der Versicherung auf "Zweitmeinung"

von Axel Dammer

 

Bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach einem Verkehrsunfall sind Sie zur Feststellung der Höhe Ihrer Forderung auf die Schadensermittlung durch einen Sachverständigen angewiesen. In vergangenen Tagen waren Haftpflichtversicherer noch häufig der Auffassung, der Versicherung stünde das Recht zur Auswahl eben diese Sachverständigen zu. Dem hat die Rechtsprechung bereits seit langem einen Riegel vorgeschoben. Die Auswahl des Sachverständigen obliegt allein dem Geschädigten, wobei der Haftpflichtversicherer die Kosten für die Tätigkeit des Gutachters zu tragen hat.

Ungeachtet dessen berühmen sich verschiedene Haftpflichtversicherer nach Vorlage eines Haftpflichtgutachtens eines vermeintlichen generellen Rechtes zum nach Besichtigung des beim Unfall beschädigten Fahrzeuges. Auf diesem Umwege wird sodann letztlich doch die Zweitmeinung eines von der Versicherung eingeschalteten Sachverständigen eingeholt.

Auch dieser Vorgehensweise treten wir bereits seit langem energisch entgegen, da dem Versicherer entgegen häufig vertretener Auffassung eben gerade kein generelles Recht auf Nachbesichtigung zusteht. Eine Nachbesichtigung ist allenfalls dann angezeigt, sofern die Versicherung darlegt, an welchem Punkte konkrete Zweifel an der Richtigkeit der geltend gemachten Schadenshöhe besteht.

Dieser Ansicht schließt sich in einem jüngst von uns erwirkten Urteil in großer Eindeutigkeit das Landgericht Mönchengladbach an. In der Entscheidung vom 11.01.21 (6 O 212 / 20) führt das Gericht aus:

Jedoch hat der Versicherer im Regelfall keinen Anspruch auf eine Nachbesichtigung. Eine Nachbesichtigung ist nur dann zu gewähren, wenn begründete Zweifel an der Richtigkeit des vom Geschädigten vorgelegten Privatgutachtens bestehen oder der Verdacht auf betrügerische Geltendmachung von Unfallschäden vorliegt oder Vorschäden verschwiegen worden sein sollen. […] Solche begründeten Zweifel haben die Beklagten jedoch nicht aufgezeigt. Vielmehr haben sie keinerlei konkrete Einwendungen gegen die Richtigkeit des klägerseits vorgelegten Gutachtens erhoben. Auch mit dem Schreiben vom 03.07.2019 hat die Beklagte zu 2 lediglich mitgeteilt, dass der gesamte Schaden anhand der Lichtbilddokumentation nicht in Gänze nachvollzogen werden könne. Es wäre jedoch notwendig gewesen, konkrete Anhaltspunkte dafür darzulegen, aus welchen Gründen das Privatgutachten angezweifelt werde, beispielsweise indem auf Fehler hingewiesen wird. Dies ist trotz vorheriger Aufforderung durch die Klägerseite nicht geschehen.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Das Gericht stärkt mit der Entscheidung Ihre Rechte als Geschädigte bei einem Verkehrsunfall nicht zuletzt auch im wichtigen Punkt der Schadensfeststellung. Die Auswahl des Sachverständigen obliegt allein dem Geschädigten und es ist auch allein das vom Geschädigten in Auftrag gegebene Gutachten, welches bei der Schadensregulierung zugrunde zu legen ist. Einwände sind konkret darzulegen.

Wenden Sie sich daher nach einem Unfallereignis sofort an einen erfahrenen im Verkehrsrecht spezialisierten Rechtsanwalt zur Durchsetzung Ihrer vollständigen Schadensersatzansprüche und zum Schutz vor unberechtigten Einwendungen und Kürzungen. Insbesondere haben sie hierbei auch ohne eintrittspflichtige Rechtschutzversicherung die Kosten nicht zu scheuen. Lesen Sie hierzu unseren Beiträge "Der falsche Freund" und "Es gibt keinen einfach gelagerten Verkehrsunfall".

In unserer Kanzlei stehen Ihnen in verkehrsrechtlichen Angelegenheiten Herr Rechtsanwalt Dammer und Frau Rechtsanwältin Dr. Greven zur Seite. Gerne sind wir Ihnen selbstverständlich auch bei der Vermittlung eines geeigneten Kfz-Sachverständigen behilflich.

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